Nach fast vier Jahren hat das Bahnhofsinsel-Projekt nun einen bescheidenen Abschluss gefunden: Die Stadt Eberswalde pflanzt auf dem Bahnhofsvorplatz, wie von uns vorgeschlagen, eine Scharlach-Eiche, und der ALNUS übernimmt die Baumpatenschaft. Um den Baum herum wird es eine Rundbank geben. Damit sind wir im Prinzip wieder bei der ursprünglichen Idee angelangt, aus der Anfang 2013 das Projekt entstanden ist. Für mehr war weder ein Konsens noch eine Finanzierung zu finden.
Rückblickend würde ich sagen, dass wir in diesen vier Jahren einiges darüber gelernt haben, wie direkte Demokratie funktioniert und wo ihre Tücken liegen. Es hat sich gezeigt, dass es — und das gilt wahrscheinlich für fast alles Politische — viele Unzufriedene gibt, aber nur wenige, die bereit sind, sich anzustrengen, um etwas zu verbessern. Und unter diesen Wenigen können die Meinungen so weit auseinandergehen, dass es kaum möglich scheint, eine Lösung zu finden, die alle zufriedenstellt. In der entscheidenden Sitzung mit Sanierungsbeirat und Stadtentwicklungsamt im Januar 2016 hat uns dann eine Methode geholfen, bei der nicht die Vorteile eines jeden Entwurfs diskutiert wurden, sondern die Vorbehalte, auf die er bei den anderen Beteiligten stieß: Gewonnen hat der Entwurf, der insgesamt den geringsten Widerstand hervorrief. Dass das dann eben eine Minimallösung ist, liegt wahrscheinlich in der Natur der Methode.
Die Diskussion um den Bahnhofs‐vorplatz war auch deshalb keine einfache, weil die Fläche ja erst 2006 neu gestaltet worden ist und eine nachträgliche Verände‐rung nach relativ kurzer Zeit diejenigen brüskieren muss, die damals ihre Vorstellungen verwirklicht sahen. Das gilt nicht nur ideell, sondern auch auf einer rechtlichen und finanziellen Ebene: Ein planerischer Entwurf genießt urheberrechtlich einen gewissen Schutz vor nachträglichen Veränderungen, und auch die Vergabe von Fördermitteln ist an Veränderungsverbote gekoppelt, unter Androhung der Rückforderung. Wir sind aber auch Einstellungen begegnet, die ich persönlich gar nicht vermutet hätte und die selten diskutiert werden, zum Beispiel, dass eine allzu hohe Aufenthaltsqualität auf dem Bahnhofsvorplatz gar nicht wünschenswert sei. Dem gegenüber stand die rege Phantasie derjenigen, die sich zum Planungscafé 2013 und während des Modellbau-Workshops im Frühjahr 2014 eingebracht haben und denen an dieser Stelle noch einmal herzlich gedankt sei.
Was das Projekt „Bahnhofsinsel“ auf jeden Fall bewirkt hat, war eine größtenteils von Wohlwollen getragene, aber zumindest während einer Stadtverordnetenversammlung heftig aufflackernde Diskussion über kommunale Gestaltungsprozesse und -kompetenzen. Da waren die Mitarbeiterinnen des Baudezernats, die uns ernst genommen und sich diesem Projekt immer wieder — teilweise auch in ihrer Freizeit — gewidmet haben, aber auch der Vorwurf seitens einiger Abgeordneter, das Baudezernat sei zu dominant in der Schaffung vollendeter Tatsachen. Beides fügt sich für mich durchaus zu einem Bild. Man kann in Eberswalde mitreden, wenn man bereit ist, Arbeit zu investieren, man kennt sich und hat es mit Menschen zu tun, denen man auch außerhalb der Politik begegnet, aber manchmal fühlt man sich auch hilflos gegenüber der Verwaltung und den Planungsbüros mit ihrem technischen und organisatorischen Wissensvorsprung und ihrer Gestaltungsmacht, die faktisch doch weiter reicht, als es das Prinzip der Gewaltenteilung suggeriert.
Die Art von politischer Kultur, die wir während des Projekts erlebt haben jedenfalls — bei allem, was daran unvollkommen sein mag — scheint mir wert, gepflegt zu werden; vielleicht sollte man in Zeiten wie diesen noch einmal daran erinnern.